Interview mit Andreas Soland, Hero Gruppe

Interview mit Andreas Soland, VP Controlling, Tax & Treasury bei der Hero Gruppe

Interview
Autor
IFBC Team
Datum
15/9/2022

Die Hero Gruppe ist ein international tätiger auf Fruchterzeugnisse, Babynahrung und Müsliriegel spezialisierter Schweizer Lebensmittelkonzern mit Sitz in Lenzburg, AG. Der sich in Familienbesitz befindende Konzern beschäftigt aktuell rund 4 000 Angestellte in 19 Ländern. Im Jahr 2021 hat Hero in Zusammenarbeit mit IFBC den Prozess zur Steuerung und Dokumentation der Kosten für Corporate Services sowie im Zusammenhang mit Projekten auf Konzernebene, sogenannten HQ-Projekten, weiterentwickelt.

Nachfolgend schildert Andreas Soland, VP Controlling, Tax & Treasury bei der Hero Gruppe, seine Erfahrungen im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Projekt.

Hero überarbeitete im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit IFBC den Prozess zur Steuerung und Dokumentation der Kosten für HQ-Projekte und Corporate Services. Was waren die Beweggründe zur Durchführung dieses Projekts?

In den vergangenen Jahren wurden im Rahmen der Einführung einer Matrixorganisation innerhalb der Hero Gruppe zusätzliche Aufgabenbereiche an den Hauptsitz übertragen. Vor diesem Hintergrund wird heute eine Vielzahl von sogenannten Corporate oder Shared Services auf Konzernebene erbracht und den einzelnen Ländergesellschaften zur Verfügung gestellt (u. a. Aufgaben in den Bereichen Marketing, Supply Chain, R&D, Finance, IT, Legal und HR). In Folge der Zentralisierung dieser Aufgaben haben sich die Anforderungen an die damit verbundenen Prozesse in Bezug auf die finanzielle Steuerung der anfallenden Kosten deutlich erhöht. Zudem stiegen die Anforderungen an eine adäquate Dokumentation in Bezug auf die erbrachten Leistungen, um die an die Ländergesellschaften verrechneten Kosten aus steuerlicher Sicht rechtfertigen zu können. Die in diesem Zusammenhang relevanten Prozesse sind bei Hero historisch gewachsen und wurden diesen erhöhten und vielseitigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Daher haben wir uns entschieden, mit einem externen Partner ein neues Prozessdesign zu entwickeln. Wir suchten einen Sparringpartner, der uns strukturiert durch den Prozess der Lösungsfindung führte. Die Wahl fiel auf IFBC, weil es IFBC bereits in der Vergangenheit gelungen war, uns als Sparringpartner bei komplexen Fragestellungen optimal zu begleiten und auf Hero ausgerichtete Lösungen zu entwickeln.

Welche Projektziele wurden verfolgt?

Zusammenfassend ging es im Rahmen des Projekts darum, einen schlanken und effizienten Prozess im Umgang mit HQ-Projekten und Corporate Services zu entwickeln und zu etablieren, der die gestiegenen Anforderungen hinsichtlich Genehmigung, Accounting, Controlling und Dokumentation der damit verbundenen Kosten erfüllen kann. Ein zentrales Ziel lag darin, für grössere HQ Projekte ein wirkungsvolles Controlling einzuführen. Neben der Strukturierung und Unterstützung des Genehmigungsprozesses stand dabei auch das Monitoring der Kosten im Rahmen der Projektumsetzung im Fokus. Zudem wollten wir für unsere Corporate Services ein adäquates Dokumentationskonzept entwickeln, um den Auskunftspflichten aus steuerlicher Sicht gerecht zu werden und die damit verbundenen Risiken zu minimieren. Trotz der teils hohen Komplexität war es für uns zentral, eine möglichst pragmatische Lösung zu entwickeln, um eine hohe Umsetzungssicherheit zu gewährleisten.

Wie wurde das Projektvorgehen strukturiert?

In einem initialen Kick-off-Workshop haben wir gemeinsam mit IFBC zum einen die Problemfelder identifiziert und zum anderen das vielschichtige Anforderungsprofil aus Controlling- und Steuersicht definiert. Im Rahmen regelmässiger Projektteamsitzungen wurden im Anschluss das Verständnis zur Ausgangslage und zum Zielbild geschärft, der Projektrahmen abgesteckt und schliesslich die Projektziele konkretisiert. Die daraus resultierenden Erkenntnisse wurden in einem Vorgehenskonzept zusammengefasst, das mit dem CFO besprochen und von diesem genehmigt wurde. Basierend auf diesen Vorarbeiten folgte die eigentliche Entwicklung und Konkretisierung der neuen Prozessausgestaltung sowie die Erarbeitung unterstützender Tools und Hilfsmittel im Projektteam. Schlüsselentscheidungen wurden während des Projektverlaufs jeweils mit dem CFO abgestimmt.

Welches sind die zentralen Elemente des neuen Prozesses zur Steuerung und Dokumentation der Kosten im Zusammenhang mit Projekten auf Konzernebene und Corporate Services?

Ich möchte hier insbesondere zwei zentrale Elemente erwähnen. Das Prozessdesign wurde für die HQ-Projekte und für die meistens periodisch wiederkehrenden Corporate Services spezifisch ausgestaltet, um die unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Antragsstellung, Genehmigung, Monitoring und Dokumentation differenziert und zielgerichtet adressieren zu können. Um eine klare Unterscheidung zu ermöglichen, wurden sowohl qualitative Differenzierungskriterien als auch betragsmässige Schwellenwerte definiert. Zweites zentrales Element des neuen Lösungsansatzes sind die zur Unterstützung der Prozessabwicklung entwickelten Tools. In Anlehnung an die vorgenommene Differenzierung zwischen HQ- Projekten und Corporate Services wurden standardisierte, Excel-basierte Hilfsmittel entwickelt, die die involvierten Parteien im Prozess zur Erfassung und Dokumentation der jeweils relevanten Informationen begleiten und standardisierte Auswertungen für Entscheidungsträger und weitere Stakeholder ermöglichen.

Welche Herausforderungen ergaben sich im Verlauf des Projekts?

Den zahlreichen, teils noch zu wenig konkretisierten Anforderungen und Problemstellungen eine klare Struktur zu geben und dabei keine wesentlichen Aspekte ausser Acht zu lassen, stellte insbesondere zu Beginn des Projekts eine grosse Herausforderung dar. Gerade in diesem Zusammenhang erwies sich die Zusammenarbeit mit IFBC für uns als äusserst wertvoll. IFBC verstand es, unter Berücksichtigung unserer individuellen Bedürfnisse, dem komplexen Anforderungsprofil eine klare Struktur zu geben, um darauf basierend die Ausgestaltung des Prozesses zielgerichtet anzugehen. Eine zweite Herausforderung lag sicherlich darin, trotz der vielseitigen und komplexen Anforderungen eine möglichst pragmatische Lösung zu entwickeln, damit der neue Prozess in der praktischen Umsetzung auch etabliert und «gelebt» wird und die neuen Hilfsmittel genutzt werden.

Wo sehen Sie die zentralen Erfolgsfaktoren im Rahmen der Etablierung des neuen Prozesses und der entwickelten Hilfsmittel?

Ein zentraler Erfolgsfaktor liegt sicherlich darin, das Management und die zentralen Einheiten zu überzeugen, dass mit der Einführung des neuen Prozesses trotz des damit verbundenen Aufwands ein klarer Mehrwert in Bezug auf bessere Steuerung und Dokumentation zentraler Kosten erreicht werden kann. Zudem kann eine erfolgreiche Konzeptentwicklung sowie die Erarbeitung entsprechender Hilfsmittel noch keine erfolgreiche Etablierung gewährleisten. Es gilt nun, den Prozess strukturiert und konsequent einzuführen, indem die relevanten Stakeholder zum einen informiert und geschult und zum anderen bei der Erstanwendung aktiv begleitet werden. Die laufende Unterstützung muss auch nach der Einführung im Fokus bleiben. Verantwortlichkeiten sind stets klar zu adressieren und die fristgerechte Einhaltung von Deadlines entsprechend aktiv durch das Corporate Controlling einzufordern.

Abschliessend noch eine allgemeine Frage zur finanziellen Führung von Hero: Wo liegen im aktuellen, herausfordernden Marktumfeld die zentralen Herausforderungen in Bezug auf die finanzielle Steuerung des Unternehmens?

Das Marktumfeld hat sich in den vergangenen Jahren substanziell verändert und ist von deutlich höherer Volatilität, Unsicherheit, Schnelllebigkeit und Komplexität geprägt. Dieser Trend wurde durch die Covid-19-Pandemie und den Ausbruch des Krieges in der Ukraine zusätzlich verstärkt. Es stellt sich daher die Frage, wie die finanzielle Führung eines Unternehmens heute und in Zukunft ausgestaltet sein muss, um diesen laufenden Marktveränderungen entsprechend Rechnung tragen zu können. Etablierte Budgetprozesse, wie wir sie heute kennen, stossen beispielsweise mehr und mehr an ihre Grenzen und sind in ihrer Ausgestaltung oftmals zu starr und umfangreich, um dem volatilen und schnelllebigen Umfeld gerecht zu werden. Ein sich schnell änderndes Marktumfeld bedingt ferner, dass das Augenmerk nicht nur auf die Effizienz und Effektivität der bestehenden Geschäftstätigkeiten gelegt werden sollte, sondern stets auch nach aussen gerichtet wird, um Chancen zur Entwicklung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle zu identifizieren. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle stellt generell einen höheren Bedarf an kreative Gestaltungs- und Handlungsspielräume und mehr Agilität. Entsprechend müssen Startup- ähnliche Bedingungen auch innerhalb von etablierten Konzernstrukturen möglich sein, um Potenziale zielgerichtet und bestmöglich auszuschöpfen. Vor diesem Hintergrund muss eine wirkungsvolle finanzielle Führung zukünftig noch differenzierter und dynamischer ausgestaltet werden, um aus Sicht der finanziellen Steuerung einen wertvollen Beitrag zur Realisierung dieser sich laufend ergebenden Chancen leisten zu können.

Andreas Soland ist studierter Betriebsökonom HWV sowie dipl. Wirtschaftsprüfer und verfügt über einen Executive MBA in Business Engineering und Unternehmenstransformation der HSG. Nach über 10-jähriger Tätigkeit bei EY im Bereich Audit Services wechselte er 2015 zur Emmi Gruppe und war während rund 4 Jahren für die Bereiche Controlling sowie Tax und Treasury auf Konzernebene verantwortlich. Seit September 2015 ist er in vergleichbarer Funktion bei der Hero Gruppe tätig, aktuell als VP Controlling, Tax & Treasury.

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